Antriebsarten von Schrauben
Worin unterscheiden sich die Antriebsarten von Schrauben und welche Vor- bzw. Nachteile haben beispielsweise Kreuzschlitz-, Innensechskant oder Torx-Schrauben?
Einführung
Spätestens beim Schlendern durch die Schraubenabteilung im Baumarkt fällt einem auf, wie viele unterschiedliche Schraubenarten es gibt. Für jeden erdenklichen Anwendungszweck gibt es spezielle Schrauben, allerdings haben viele Anwendungen auch besondere Ansprüche bezüglich des Profils der Antriebsart der Schraube. So muss ggf. bedacht werden, welches Werkzeug bereits Zuhause im Werkzeugkasten vorhanden ist, wie viel Platz im Bereich der Schraube zum Anziehen zur Verfügung steht oder mit wie viel Kraft diese angezogen werden muss.
Was sind Schraubenantriebe?
Vereinfacht gesagt, ist der Schraubenantrieb die Form bzw. das Profil im Schraubenkopf und vom Werkzeug, das exakt ineinander oder aufeinander passen. Durch den Schraubenantrieb wird die durch das Werkzeug erzeugte Drehbewegung auf die Schraube übertragen, d. h. er ist für die Kraftübertragung zwischen Werkzeug und Schraube zuständig. Zusätzlich muss der Antrieb sicherstellen, dass das erzeugte Drehmoment zuverlässig in der Schraube ankommt und diese sich dadurch ein- oder ausdrehen lässt, ohne dabei abzurutschen und das Bauteil zu Beschädigen oder noch schlimmer, die Gesundheit des Handwerkers oder der Handwerkerin zu gefährden.
Wichtig: Es gibt einen Unterschied zwischen Schraubenköpfen und Schraubenantriebsarten. Zwar kann der Schraubenkopf, wie bei einer Sechskantschraube, auch die Antriebsart sein, aber in den meisten Fällen versteht man unter der Antriebsart die Form des Werkzeugs, Bits oder der Klinge (das ist die Spitze eines Schraubenziehers) und dem dazugehörigen Gegenstück im, am oder auf dem Schraubenkopf. Dahingegen ist als Schraubenkopf die Form des Kopfes zu verstehen, zum Beispiel ein Zylinderkopf, Sechskantkopf, Senkkopf oder Linsenkopf. Hier erfährst Du mehr über Schraubenköpfe.
Hinweis: Im Folgenden fällt der Begriff „Axialkraft“. Eine Axialkraft ist die Kraft, welche in Richtung der Achse eines Rotationskörpers wirkt. Wenn Du beispielsweise eine Kreuzschlitzschraube ein- oder ausdrehen möchtest, musst du mit der Hand gegen den Schraubenzieher (fachspr. Schraubendreher) drücken, damit dieser nicht herausfällt oder abrutscht. Diese wirkende Kraft nennt sich Axialkraft.
Die wichtigsten Antriebsarten im Überblick
- Längsschlitz bzw. Schlitz
- Kreuzschlitz Phillips (PH)
- Kreuzschlitz Pozidriv (PZ)
- Außensechskant bzw. Sechskant
- Innensechskant
- Innensechsrund – Torx®
- Außensechsrund – Außen-Torx®
- Torx Plus®
- Innenvielzahn
Welche Antriebsarten für Schrauben gibt es?
Längsschlitz bzw. Schlitz
Kurzzeichen: S
Vorteile und Nachteile von Längsschlitz- bzw. Schlitzantrieben:
+ günstige Produktion
+ einfaches Werkzeug
+ lassen sich einfach reinigen
– leichtes Abrutschen durch schlechte Zentrierbarkeit des Antriebes (Werkzeugs)
– niedriges Drehmoment bzw. geringe Kraftübertragung
Anwendungsbeispiel: Schlitzschrauben werden bei einfachen Schraubenverbindungen verwendet.
Der Schraubenantrieb mit Schlitz ist vermutlich eine der ältesten Antriebsarten in der Geschichte der Schrauben. Vor allem zu Beginn der Schraubenproduktion war so eine einfache Form willkommen. Heute wird der Schlitz-Schraubenantrieb überwiegend für sehr einfache Verschraubungen verwendet und wurde weitestgehend durch bessere Antriebsarten ersetzt.
Kreuzschlitz Phillips (Phillips-Recess)
Kurzzeichen: PH
Vorteile und Nachteile von Kreuzschlitz Phillips-Antrieben:
+ selbstständige Zentrierung
+ kein seitliches Abrutschen wie beim Längsschlitz
+ höhere Kraftübertragung und geringere Flächenpressung als beim Längsschlitz
– Axialkraft notwendig
– anfällig für Abnutzung bei falscher Nutzung („rund werden“)
– geringere Kraftübertragung im Vergleich zum Torx®
– schwer zu reinigen
Anwendungsbeispiel: Phillips Kreuzschlitzschrauben werden unter anderem im Haushalt, in Elektrogeräten oder in der Holzverarbeitung verwendet.
Als Nachfolger des Schlitzschraubendrehers ermöglicht der Kreuzschlitzschraubendreher (Phillips-Werkzeug) durch die Selbstzentrierung nicht nur ein schnelleres Eindrehen der Schraube, sondern minimiert auch die Gefahr des Abrutschens und der Beschädigung des Bauteils. Diese Vorteile in Verbindung mit dem höheren Drehmoment revolutionierte vorerst die Welt der Schrauben.
Die Verjüngung der Flanken des Phillips-Antriebes sorgen dafür, dass der Schraubendreher beim Drehen einer axialen Kraft ausgesetzt ist und aus der Schraube herausgeschoben wird. Dies erleichtert das Entfernen des Schraubendrehers aus der Schraube. Allerdings hat es den Nachteil, dass bei falscher Handhabung die Schraube schneller „rund“ wird und sich mit dem Werkzeug nicht mehr greifen lässt.
Der Phillips Kreuzschlitz wird häufig mit dem Pozidriv Kreuzschlitz verwechselt, allerdings sind diese zwei Antriebsarten unterschiedlich und miteinander nicht kompatibel.
Kreuzschlitz Pozidriv (Abk. für positiv drive)
Kurzzeichen: PZ
Vorteile und Nachteile von Kreuzschlitz Pozidriv-Antrieben:
+ kleinere axiale Kräfte, die den Schraubendreher rausschieben
+ besserer Halt in der Schraube
+ bessere Kraftübertragung im Vergleich zu Phillips Kreuzschlitz
– geringere Kraftübertragung im Vergleich zum Torx®
Anwendungsbeispiel: Pozidriv Kreuzschlitzschrauben werden überwiegend im Holzbau verwendet.
Nach einiger Zeit wurde der Phillips Kreuzschlitz Antrieb weiterentwickelt und als Ergebnis kam der Pozidriv Kreuzschlitz Antrieb zum Vorschein. Beim Pozidriv Kreuzschlitz verjüngen sich die Flanken zur Spitze hin allerdings nicht, sondern sind parallel gefräst. Dadurch entstehen im Vergleich zum Phillips Kreuzschlitz deutlich geringere axiale Kräfte, die den Schraubendreher aus der Schraube herausschieben möchten. Durch diese spezielle Spitze wird die Abnutzung der Schraube minimiert. Pozidriv Schrauben und Schraubendreher erkennt man an vier kleinen Einkerbungen zwischen dem Kreuz. Um ein leichtes Lösen des Werkzeugs zu ermöglichen, laufen diese Einkerbungen spitz aus, wodurch eine leichte axiale Kraft entsteht.
Außensechskant bzw. Sechskant
Kurzzeichen: SW
Vorteile und Nachteile von Außensechskant- bzw. Sechskantantrieben:
+ äußerst robust
+ leicht zu reinigen
+ keine Axialkraft notwendig
+ hohe Drehmomente möglich
+ Schraube und Mutter benötigen dasselbe Werkzeug
+ keine Anpresskraft des Werkzeuges erforderlich
– hohe Kerbwirkung
– viel seitlicher Platz für Werkzeug benötigt (Schraubenschlüssel, Ratsche, Umschaltknarre)
– teures Werkzeug
Anwendungsbeispiel: Außensechskant- bzw. Sechskantschrauben werden überwiegend im Stahlbau, Maschinenbau sowie Fahrzeugbau verwendet.
Die Außensechskantschraube ist zwar nicht die neueste Entwicklung in der Schraubenwelt, aber durch ihre Robustheit nicht mehr wegzudenken. Wie oben bereits erwähnt, ist der Kopf der Sechskantschraube, einer der wenigen Schraubenköpfe, welcher auch direkt der Antrieb ist. Achtung ist geboten, wenn beim Sechskantantrieb die sechs Seitenflächen mit je 120° mit einem Maulschlüssel geöffnet werden. Da dieser nur an zwei Flächen angreift, wirken hohe Kräfte auf die Ecken.
Innensechskant bzw. Inbus
Kurzzeichen: SW
Vorteile und Nachteile von Innensechskant- bzw. Inbusantrieben:
+ übertragbares Drehmoment höher als bei Kreuzschlitz
+ sehr gut bei beengten Platzverhältnissen
+ kleines Werkzeug
+ keine Anpresskraft des Werkzeuges erforderlich
– übertragbares Drehmoment etwas geringer als bei Außensechskant bzw. Sechskant
– anfällig für Schmutz
– anfällig für Abnutzung bei falscher Nutzung („rund werden“)
Anwendungsbeispiel: Innensechskantschrauben bzw. Inbusschrauben werden im Hausgebrauch meist beim Zusammenbauen von Möbeln einer bekannten schwedischen Möbelkette verwendet, darüber hinaus im Maschinenbaubereich. Innensechskantschrauben mit einem Stift in der Mitte sind nur mit Hilfe eines Spezialwerkzeuges zu lösen und daher ein Schutz gegen Diebstahl.
Aufgrund des kleineren Durchmessers des Innensechskants als der Nenndurchmesser der Sechskantschraube ist das mögliche Drehmoment kleiner als beim Außensechskant. Um eine Sechskantschraube zu lösen oder anzuziehen, wird ein Sechskantschlüssel bzw. Inbusschlüssel benötigt.
Warum heißt es Inbus?
Inbus ist die Abkürzung für „Innensechskant Bauer und Schaurte“, welche als erste den Innensechskantantrieb auf den Markt gebracht haben. Umgangssprachlich wird der Inbus meist als „Imbus“ bezeichnet und daher oft falsch geschrieben.
Innensechsrund bzw. Torx®
Kurzzeichen: T
Vorteile und Nachteile von Innensechsrund- bzw. Torx®-Antrieben:
+ übertragbares Drehmoment extrem hoch
+ Werkzeug hat einen sehr guten Halt
+ keine Anpresskraft des Werkzeuges erforderlich
+ sehr gut bei beengten Platzverhältnissen
+ kleines Werkzeug
– anfällig für Abnutzung bei falscher Nutzung („rund werden“)
– anfällig für Abnutzung bei billigem Werkzeug („rund werden“)
– kleine Größen sind schwer zu unterscheiden
Anwendungsbeispiel: Innensechsrund- bzw. Torx®-Schrauben werden inzwischen überall verwendet.
Anfänglich war der Torx®-Antrieb markenrechtlich sowie per Patent geschützt. Inzwischen ist das Patent ausgelaufen und das Markenzeichen TORX® ist auf die Firma Acument Intellectual Properties LLC, USA eingetragen.
Zu erkennen ist der Innensechsrundantrieb durch die Form eines Sternes mit sechs Ecken. Die Ecken des Sternes verlaufen parallel und verjüngen nicht, dadurch entsteht keine Axialkraft, die das Werkzeug herausschiebt wie beim Kreuzschlitz Phillips. Aus diesem Grund wird keine Anpresskraft beim Schrauben benötigt. Durch die Rundungen im Stern werden Kerbwirkungen vermieden und es ist möglich, sehr hohe Drehmomente zu übertragen.
Außensechsrund bzw. Außen-Torx®
Kurzzeichen: E
Vorteile und Nachteile von Außensechsrund- bzw. Außen-Torx®-Antrieben:
+ übertragbares Drehmoment extrem hoch
+ leichtes Ansetzen des Werkzeuges
+ Werkzeug hat einen sehr guten Halt
+ kaum anfällig für Verschmutzungen
– anfällig für Abnutzung bei falscher Nutzung („rund werden“)
– anfällig für Abnutzung bei qualitativ schlechtem Werkzeug („rund werden“)
Anwendungsbeispiel: Außensechsrund- bzw. Außen-Torx®-Schrauben werden überwiegend im Maschinenbau und Fahrzeugbau verwendet.
Nach dem Innensechsrundantrieb wurde der Außensechsrundantrieb veröffentlich. Er hat den Vorteil gegenüber dem Innensechsrund, dass er sich leichter reinigen lässt, da sich die Aufnahmefläche des Werkzeuges nicht im Schraubenkopf befindet. Sonst sind die Eigenschaften nahezu identisch.
Das Markenzeichen TORX® ist auf die Firma Acument Intellectual Properties LLC, USA eingetragen.
Torx Plus®
Kurzzeichen: IP
Vorteile und Nachteile von Torx Plus®-Antrieben:
+ besserer Halt im Vergleich zum Innensechskant
+ weniger Abnutzung des Werkzeuges
+ optimale Drehmomentübertragung
– kleine Größen sind schwer zu unterscheiden
– anfällig für Verschmutzungen
Anwendungsbeispiel: Torx Plus®-Schrauben finden hauptsächlich im Maschinenbau und Anlagenbau Anwendung.
Der Torx Plus®-Antrieb ist eine Weiterentwicklung des Innensechsrund- bzw. des normalen Torx®-Antriebes. Die Rundungen des Sternes wurden flacher, wodurch in Teilbereichen der Antriebswinkel 0° beträgt. Aufgrund der neuen Geometrie sind die Kontaktflächen zwischen Werkzeug und Schraubenkopf sehr groß, was eine positive Wirkung auf die Langlebigkeit des Werkzeugs hat.
Das Markenzeichen TORX® ist auf die Firma Acument Intellectual Properties LLC, USA eingetragen.
Innenvielzahn bzw. XZN (Triple-squarel)
Kurzzeichen: N
Vorteile und Nachteile von Innenvielzahnantrieben:
+ Sicherheitsprofil
+ gute Kraftverteilung
– anfällig für Verschmutzungen
– teuer in der Produktion
Anwendungsbeispiel: Innenvielzahnschrauben werden häufig im Maschinenbau, Automobilbau bzw. Fahrzeugbau verwendet.
Der Innenvielzahnantrieb wird fälschlicherweise oft mit dem Innensechsrund verwechselt, dabei hat dieser 12 Zacken. Aufgrund der Besonderheit des Profils, wird diese Schraube häufig bei sicherheitsrelevanten Bauteileilen verwendet. Durch unsachgemäße Nutzung oder Verschmutzungen können die feinen Zacken im Profil leicht beschädigen.
Wie kann man eine Schraube mit beschädigtem Antrieb lösen?
Es kommt immer mal vor, dass der Antrieb einer Schraube oder der Schraubenkopf beschädigt ist. Hier findest Du gute Tipps, um die beschädigte Schraube dennoch öffnen zu können.